Artikel und Standpunkte von Werner Völkel zur Astrologie

Artikel und Standpunkte von Werner Völkel zur Astrologie


Artikel und Standpunkte zur Astrologie

- Grundkurs Astrologie

- Querverbindungen im Horoskop - am Beispiel von Popstar Madonna

- Das Gleiche ist nicht Dasselbe- Menschen mit ähnlichen Mondkonstellationen

- Standpunkt: Astrologie und Politik

- Standpunkt: Astrologie und Wissenschaft

 


Querverbindungen im Horoskop
- am Beispiel von Popstar Madonna 
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Madonna 2015
chriswegerCC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons
Horoskop Madonna
Madonna Louise Ciccone, 16 August 1958, 07:05 AM EST, Bay City, Michigan, 43n36, 83w53, Quelle: astro.com/astro-databank/Madonna

Madonna Louise Veronica Ciccone wurde als drittes von acht Kindern Italo amerikanischer Eltern geboren. Nach dem Wunsch ihrer streng katholischen Mutter, welche starb, als Madonna fünf Jahre alt war, hätte Sie als Novizin in einen Orden eintreten sollen. Mit der Stiefmutter, der ehemaligen Haushälterin, verstand sie sich nicht gut.

Nach dem Schulabschluss 1976 erhielt sie ein Tanz-Stipendium und kam 'mit 35 Dollar in der Tasche' nach New York. Sie besuchte dort eine Ballettschule und verdiente sich gleichzeitig Geld als Tänzerin, Verkäuferin, Serviererin, spielte in Pornofilmen mit und war Backgroundsängerin. Als 'materialistisches Girl in einer materialistischen Welt' (Songtitel) ging sie zahlreiche Zweckbeziehungen mit denjenigen Musikern, Tänzern, Designern und Diskjockeys ein, welche Ihrer Karriere förderlich sein konnten.

Ihre erste Platte 'Madonna' begründete ihren Welterfolg - wie die folgenden Alben war sie ein Millionen-Seller. Abgesehen von ihrem großen Ehrgeiz, einem unermüdlichen Arbeitseinsatz und Disziplin ist Madonna auch das Produkt eines geschickten Marketing-Feldzuges, der sich eine neu aufgeblühte 'Marilin-Monroe-Sehnsucht' bewusst zunutze machte. Die Mischung aus einer Art Heiligenfigur (Welthit: 'Like a virgin' - Wie eine Jungfrau) und verführerischer Hure verfehlte ihre Wirkung nicht.

Ihre Karriere als Schauspielerin war hingegen wechselhaft: Neben Erfolgen und Lob von der Kritik musste sie auch katastrophale Beurteilungen hinnehmen. Trotzdem ist Madonna mit über 300 Millionen verkauften Tonträgern und geschätzt einer Milliarde Dollar Vermögen eine der erfolgreichsten Künstlerinnen aller Zeiten.


"Ihr Astrologen müsst doch wirklich immer um fünf Ecken herum denken!" - so der wohlwollende Kommentar eines interessierten Laien bei meinem Versuch, ihm zu erklären, wie ich zu einer (zutreffenden) Interpretation komme. Recht hat er. Dem Außenstehenden mag es fast selbstquälerisch erscheinen, wie viele Faktoren ein gewissenhafter Sterndeuter in seinem Kopf hin und her bewegt, bis er sich schließlich zu einem konkreten Urteil durchringt. Lohnt sich denn diese geistige Akrobatik überhaupt?

Astrologie-Einsteiger sind froh, wenn sie Tierkreiszeichen und Planeten halbwegs verstanden haben, um ihren Bekanntenkreis dann mit bahnbrechenden Erkenntnissen zu verblüffen :-)  Dieses Glück währt aber nicht lange. Denn wer sich in der Astrologie wirklich auskennen möchte, muss sich als nächstes mit den Häusern und Häuserherrschern auseinander setzen. Für den einen wird es immer spannender. Manch anderer gibt dann entnervt auf...


Was sind Querverbindungen?

Unter Querverbindungen verstehe ich Wechselwirkungen zwischen den Lebensbereichen der zwölf Horoskophäuser. Vor allem die orts- und geburtszeit-sensiblen Häuser ermöglichen individuelle Deutungen. Das Radixhoroskop kann als Schnappschuss, als ein Stück 'eingefrorene' Zeitqualität begriffen werden. Und dies verleiht zwangsläufig dem Häusergerüst eine überragende Bedeutung.

Solche Querverbindungen lassen sich zum Beispiel aus Aspekten herleiten. Nehmen wir das MarsMars- Uranus Uranus- Quadrat in Madonnas Horoskop:

Madonnas-Mars-Uranus-Quadrat


Ohne die Häuser zu berücksichtigen bedeutet ein Mars-Uranus-Quadrat in etwa folgendes:

Die Durchsetzung (Mars) lässt sich schwer vereinbaren mit der Exzentrik (Uranus), der Abweichung von der Norm. -> Impulsives, unerwartetes Handeln, ein stark schwankendes Aktivitätsniveau, blitzartige Energieentladungen, Rebellion gegen Konventionen, Konfliktfreude und Innovationskraft - sind gängige Deutungen dieses Aspekts.

Nun beziehen wir die Häuserebene ein:

- Mars Mars steht im 9. Haus, Uranus Uranus steht im 12. Haus.

- Mars Mars herrscht im 8. Haus  (WidderWidder) und im 3. Haus (als traditioneller Herrscher des Skorpion Skorpion).

- UranusUranus herrscht im 6. Haus (Wassermann Wassermann) .

(Eine Einführung zu den Häuserherrschern finden Sie auch hier.)

Die Sprengkraft und das exzentrische Energiepotential von Madonnas Mars-Uranus-Verbindung entfaltet sich also auf den folgenden Gebieten:

- 3. Haus: Wie sehe ich aus? Wie bewege ich mich? Wie kommuniziere ich?  - Mein körperliches Auftreten.

- 6. Haus: Wie inszeniere ich mich, wie stelle ich Gefühle dar? Wie arbeite ich? Wie füge ich mich ein und passe mich an?

- 8. Haus: Was ist für mich verbindlich und absolut? Wie sieht meine persönliche Ideologie aus? Worauf konzentrieren sich meine festen Partnerschaften?

- 9. Haus: Welches Image genieße ich? Wie vertrete ich meine Ideen nach außen hin? Gelingt es mir, meine Lebenseinstellung überzeugend darzustellen?

- 12. Haus: Welche Rolle spiele ich in der Öffentlichkeit / in den Medien? Wo bin ich undurchschaubar / vielschichtig? Worin liegt mein Zugang zu Kunst, Religion, Spiritualität?

Zwei Dinge fallen hier besonders auf:

Erstens stehen beide Planeten über dem Horizont. Wo ein Planet steht, ist vordergründig die Bühne, auf der er wie ein Schauspieler auftritt. Madonnas exzentrische Durchsetzung gemäß ihres Mars-Uranus-Quadrats findet auf der öffentlichen Bühne statt!

Zweitens sind vier der fünf berührten Häuser variable Häuser, in denen etwas dargestellt oder vermittelt wird. Nur das 8. Haus, in dem es um Madonnas persönliche Überzeugungen oder auch verbindlichen Beziehungen geht, bildet eine Ausnahme. Es geht hier also in erster Linie um Außenwirkung.

Eine weitere Querverbindung besteht in der Verknüpfung desjenigen Hauses, in dem ein Planet steht mit dem Haus, in dem er herrscht. Im Falle von Madonna steht zum Beispiel Mars im 9. Haus und herrscht im 8. Haus. Die Themen dieser beiden Häuser sind zusätzlich zum bereits Gesagten besonders stark miteinander verwoben. Um zu zeigen, wie diese Dynamik in einer Biographie greift, sollen nun alle derartigen Herrscher von X in Y - Beziehungen bei Madonna kurz gedeutet werden. Doch vorab ein wenig Technik:

Eine Herrscherliste erstellen

Horoskop Madonna
Horoskop-Positionen Madonna

Wir bestimmen zunächst, wo die Planeten im Geburtsbild von Madonna stehen. Bei den meisten Planeten ist auf dies den ersten Blick problemlos erkennbar. Nur bei MerkurMerkur und PlutoPluto (am Aszendenten) und JupiterJupiter (vor der Hausspitze 3) sollten wir etwas genauer hinsehen. Manche Astrologen wenden hier eine Faustregel an, welche besagt, dass der Bereich von 5 oder 3 Grad vor einer Hausspitze grundsätzlich schon diesem Haus zuzurechnen sei.

Um herauszufinden, ob ein Planet schon zum folgenden Haus gezählt wird, messen wir die Größe desjenigen Hauses, in dem er sich exakt befindet und prüfen, ob er im letzten Sechstel liegt: Merkur und Pluto stehen rein technisch gesehen am Ende des zwölften Hauses, welches eine Größe von etwas mehr als 27 Grad hat. Ein Sechstel des zwölften Hauses wären ca. 4 1/2 Grad. Wenn ein Planet also weniger als 4 1/2 Grad vor dem Aszendenten steht, gehört er unserer Ansicht nach bereits zum ersten Haus.

Dies trifft für Merkur eindeutig zu, da er weniger als 3 Grad vom Aszendenten entfernt ist. Pluto ordnen wir hingegen dem zwölften Haus zu, da sein Abstand zum Aszendenten 6 1/2 Grad beträgt. Wie verhält es sich nun mit Jupiter? Das zweite Haus misst 28 1/2 Grad, ein Sechstel davon sind 4 3/4 Grad. Jupiter ist aber nur 4 1/3 Grad von der Hausspitze 3 entfernt und zählt damit schon zum dritten Haus.

Im Fall von Madonna würde die oben erwähnte 5-Grad-Faustregel für alle drei Planeten zum selben Ergebnis führen, weil die betrachteten Häuser annähernd 30 Grad breit sind. Vor allem bei sehr schmalen und sehr breiten Häusern empfehlen wir jedoch dringend, das Sechstel genauer zu bestimmen.

Wir halten also fest: Merkur steht für unsere Deutung im ersten Haus, Pluto steht eindeutig im zwölften Haus und Jupiter ordnen wir dem dritten Haus zu. Die restlichen Planetenpositionen sind offensichtlich.

Nun zu der - zumindest für Einsteiger - nicht ganz so leicht zu beantwortenden Frage, wo die Planeten herrschen. Nehmen wir als Beispiel den MondMond: Der Mond gilt als 'Herrscher' desjenigen Horoskophauses, dessen Anfangslinie/Spitze in sein wesensverwandtes Zeichen KrebsKrebs fällt. Bei Madonna ist der Mond der Herrscher des elften Hauses, da die Hausspitze 11 im Krebs liegt.

Im Horoskop von Madonna liegen alle zwölf Hauspitzen in verschiedenen Zeichen, was die Sache vereinfacht. In vielen Geburtsbildern ist die Verteilung nicht so gleichmäßig, d.h. bestimmte Tierkreiszeichen beherbergen dann zwei Hausspitzen, andere hingegen gar keine. Falls ein Tierkreiszeichen ganz in einem Haus eingeschlossen ist, gilt der dazugehörige Planet als gleichwertiger Mitherrscher dieses Hauses.

So ergibt sich die folgende Herrscherliste für Madonnas Horoskop:

Madonna-Herrscherliste

Madonnas Herrscherdynamik kurz gedeutet

Anhand von ein paar Schlaglichtern zu Madonna möchte ich verdeutlichen, wie treffend die Querverbindungen zwischen der Hausposition eines Planeten und dessen beherrschtem Haus die  Lebensthemen eines Menschen widerspiegeln können:

1. Der Mond steht im ersten und herrscht im elften Haus (Krebs)

Madonna fühlt sich als 'Jungfrau' (Mond in der Jungfrau, siehe auch die keuschen Pläne ihrer verstorbenen Mutter = Mond). Ihre instinktive (1. Haus) Weiblichkeit (Mond) schlägt jedoch aus der Art und begründet ihre höchst individuelle Rolle in der Öffentlichkeit (Mond als Herrscher des 11. Hauses).

2. Merkur steht im ersten und herrscht auch im ersten Haus (Jungfrau)

In ihrer Triebhaftigkeit und ihren körperlich-instinktiven Bedürfnissen (1. Haus), welche durch das Zeichen Jungfrau (emotionale Anpassungsfähigkeit, ökonomisch-materielle Flexibilität) charakterisiert sind, ist Madonna sich zunächst einmal selbst genug (der Herrscherplanet Merkur steht in seinem eigenen Haus). Sie braucht z.B. nicht unbedingt einen Partner, um sich instinktiv wohlzufühlen, kein Wunder also, dass Ihre jeweiligen Liebhaber zeitweise eher austauschbar zu sein schienen.

3. Merkur steht im ersten und herrscht im zehnten Haus (Zwillinge)

Ihre grundlegenden Anlagen (1. Haus) zielen aber auch ganz klar darauf ab, Karriere zu machen und öffentliche Bedeutung zu erlangen (10. Haus), und zwar auf Zwillings-Art (körperlich wendig, jugendlich und gewitzt). Merkur bildet jedoch einen Quadrataspekt (90 Grad-Winkel) zu der von ihm selbst beherrschten Hausspitze 10, dem Medium Coeli. Es gibt hier also auch Fehlschläge, welche Madonnas Ehrgeiz nur noch mehr anstacheln dürften.

4. Die Sonne steht im zwölften und herrscht im zwölften Haus (Löwe).

Madonnas Handeln (Sonne) entfaltet sich künstlerisch auf der öffentlichen Bühne und in den Medien (12. Haus), sonst wäre sie vielleicht tatsächlich im Kloster (auch 12. Haus) gelandet! In ihrem künstlerischen Selbstausdruck ist sie völlig unabhängig (die Sonne herrscht im eigenen 12. Haus). Gerade dadurch kann sie sich über Konventionen hinwegsetzen, Zeittrends vorwegnehmen und lässt sich nie auf ein bestimmtes Schema festlegen. Vor allem ihre späteren Aktivitäten zeigen dies.

5. Venus steht im elften und herrscht im zweiten Haus (Waage)

Der Ort, wo Madonna gerne Kontakte knüpft, Anklang finden möchte und attraktiv wirken will (Venus) ist ihre gesellschaftliche Position (11. Haus). Dies erreicht sie nicht zuletzt mit Hilfe ihres ästhetischen (Waage) Körpers (2. Haus). Ihr Kontaktverhalten dient aber auch unmittelbar dem Broterwerb (2. Haus) und verhilft ihr ferner zu einer Art 'Wir-Gefühl' welches sie aufgrund ihrer angeschlagenen Familienverwurzelung (Herrscher des zweiten Hauses im elften Haus, Konstellation Venus/Uranus) schmerzlich vermissen musste.

6. Venus steht im elften und herrscht im neunten Haus (Stier)

Mit ihrem provokanten Kontaktverhalten und sehr individualistischen Selbstverständnis als begehrte Frau (Venus im 11. Haus) möchte Madonna aber auch etwas von ihrer persönlichen Lebensphilosophie (9. Haus) vermitteln: 'I am a material girl, living in a material world.' Das soziale Umfeld (9. Haus) einer kinderreichen Familie, welche vom Einkommen eines Automechanikers lebte, dürfte durchaus von materiellen Themen (Stier im neunten Haus) dominiert gewesen sein.

Das englische Eigenschaftswort 'material' hat aber noch eine Reihe von anderen Bedeutungen: wesentlich in dem Sinne, dass man 'zur Sache' kommt, und stofflich-physisch-sinnlich also gerade eben nicht spirituell! Von dieser Spannung zwischen einer tiefgläubigen leiblichen Mutter (viertes Haus Schütze) einerseits und andererseits dem eher an den harten Realitäten ausgerichteten Vater (fünftes Haus Steinbock) zusammen mit einer wohl mehr praktisch orientierten Stiefmutter (Mond in Jungfrau) ist Madonna ein beredtes Zeugnis.


7. Mars steht im neunten und herrscht im achten Haus (Widder)

Ein gewisser Kampf-Geist (Mars im 9. Haus) und die Schlagkraft von Parolen, welche mit fast religiösem Sendungsbewusstsein vorgetragen wurden, prägte das Auftreten von Madonna als Popstar. Wie eine Missionarin oder Werbestrategin trug sie ihre eindeutigen (Widder), schlichten Glaubenssätze und auch manche Tabus (8. Haus) nach außen und erzielte auf diese Weise Breitenwirkung (9. Haus). Sie hat damit das Image (9. Haus) eines Sex (Mars) - Symbols (8. Haus) erworben.

Hier noch eine ausführlichere Deutung dieser Konstellation, ein Auszug aus der
Charakterdeutung Querverbindungen:

"...Ihre Art, öffentlich Standpunkte zu vertreten und auch der Weg zu Ihrer persönlichen 'Lebensphilosophie' ist angetrieben vom Bedürfnis nach Eindeutigkeit, absolut gültigen Prinzipien, einem fast magischen Glaubensbekenntnis, mit dem Sie andere mitreißen. Gerade indem Sie Außenwirkung erzielen, Überzeugungsarbeit leisten, ein 'Image' im sozialen Umfeld genießen, festigen Sie Ihre eigenen Glaubensinhalte.

In Ihnen steckt eine ordentliche Portion Missionsgeist, auch wenn Sie diesen vielleicht tolerant und liebevoll verpacken mögen. Ein Missionar ist entgegen allem Anschein meist von größeren Anfechtungen geplagt, als dies bei normalen Sterblichen der Fall ist. Das Reisen und erfolgreiche Bekehren anderer, sein 'Sendungsbewusstsein' und Charisma, hilft ihm nicht zuletzt bei der Bewältigung eigener Glaubenszweifel.

Ob Sie nun eher 'Moralapostel' sind oder gar eine Art 'Sexsymbol' (auch das entspricht dieser Konstellation!), ob Sie aktiv missionieren oder scheinbar ohne eigenes Zutun zur Kultfigur für die Wertvorstellungen und Sehnsüchte einer Gesellschaftsgruppe werden: Ihre Vorstellungen und Überzeugungen (unabhängig welchen Inhalts) haben immer eine gewisse Breitenwirkung. Andere nehmen Ihnen das ab, worüber Sie sich selbst vielleicht innerlich gar nicht so sicher sind!

Paradoxerweise verhält sich dies oft gerade bei denjenigen Menschen so, die bei Pflegefamilien aufwuchsen, deren Sozialisation Brüche aufwies, was ja die Festigung von Prinzipien und Bindungen zunächst erschwerte. Ihr Charisma, die Fähigkeit, nicht unbedingt allein mit Worten, sondern mit Ihrer gesamten Ausstrahlung zu überzeugen, sollte nicht ungenutzt bleiben.

Werbung und Propaganda, religiöse oder politische Öffentlichkeitsarbeit sind nur ein paar Anregungen hierfür. Bedenken Sie jedoch auch, dass Sie selber sehr empfänglich für einfache und scheinbar zwingend überzeugende ideologische Formeln sein könnten. Da Sie einmal übernommene Glaubensinhalte mit größtem Nachdruck vertreten, fehlt Ihnen möglicherweise die kritische Distanz, um Doktrinen dann auch wieder aufzugeben, wenn diese sich als Irrweg erweisen sollten."

Quelle: Querverbindungen Charakterdeutung Madonna, S. 33
Die komplette Charakterdeutung Madonna finden Sie
hier.


8. Jupiter steht im dritten und herrscht im vierten Haus (Schütze)

Diese Konstellation geht in eine ganz ähnliche Richtung wie die vorherige: Ausgiebig und (auf Jupiter-Art) mit religiösen Zubehörteilen geschmückt stellte Madonna etwas dar (3. Haus), was sie aber auch wirklich innerlich empfand (Jupiter herrscht im 4. Haus). Deshalb wirkte sie auf viele Fans sehr authentisch. Andere hingegen empfanden ihre Selbstdarstellung als überdreht und gekünstelt - ein Beispiel dafür, wie sich Herrscherbeziehungen auch manchmal umkehren können: Das Auftreten / 3. Haus dient dann nicht der eigenen Gefühlsidentität / 4. Haus, sondern es erscheint eher so, als ob das Gefühlsleben ausschließlich auf 'Wirkung' ausgerichtet sei.


9. Saturn steht im vierten und herrscht im fünften Haus (Steinbock)

Bedingt durch den Tod ihrer leiblichen Mutter enthält Madonnas Gefühlsleben eine stark melancholische Komponente (Saturn im vierten Haus). Ihr Vater (Saturn als Herrscher des 5. Hauses, Steinbock) übernahm zwangsläufig die Mutterrolle (4. Haus) mit und gab ihr wohl auch einen gewissen Halt (Sonne Trigon Saturn). Gleichzeitig dürfte mit dieser traurigen Lebenswende der Grundstein für ihr musikalisches Talent und ihre kreative Ausdrucksfähigkeit (5. Haus) gelegt worden sein, an der sie ja bekannterweise schon immer sehr diszipliniert arbeitet (Saturn).

10. Uranus steht im zwölften und herrscht im sechsten Haus (Wassermann)

Madonnas unkonventionelles und immer wieder auch provozierendes (Uranus) Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit (12. Haus) erfüllt für sie paradoxerweise die Funktion, sich eingliedern zu können (6. Haus: Wassermann). Ihre öffentliche Rolle bedeutet für sie im Sinne des 6. Hauses sowohl Arbeit, als auch ein Ventil, Emotionen loszuwerden.

11. Neptun steht im dritten und herrscht im siebten Haus (Fische)

Man sagt dieser Neptunposition oft eine unklare und verschwommene (Neptun) Ausdrucksweise (3. Haus) nach oder mutmaßt, dass der Horoskopeigner leicht übersehen wird. Dies ist im Falle von Madonna, wie wir sie kennen, wohl kaum zutreffend und mit zusätzlich Jupiter vor der Spitze 3 auch astrologisch eher unwahrscheinlich. Da Neptun unter anderem auch für die Medien stehen kann, stellte Madonnas Berufsweg für Sie eine ideale Möglichkeit dar, sich körperlich zu präsentieren. Bekanntlich suchte sie dabei immer wieder Kontakt (Neptun herrscht im siebten Haus) zu Leuten, mit denen zusammen sie sich medienwirksam darstellen konnte.

12. Pluto steht im zwölften und herrscht im dritten Haus (Skorpion)

Auf der öffentlichen Bühne (12. Haus) eine Art Idol (Pluto) zu werden, und zwar wesentlich mit Hilfe des eigenen geschlechtsidealtypischen Aussehens und perfekt eingeübten Bewegungsabläufen (3. Haus: Skorpion) mag nicht jedem Horoskopeigner mit dieser Konstellation auf Anhieb gelingen. Madonna hat es verwirklicht, nach ihrem Motto
'Express yourself'!


Ich hoffe, dass die faszinierende Welt der Astrologie mit diesem Artikel etwas durchschaubarer für Sie geworden ist und bedanke mich für Ihr Interesse.

Sie können übrigens ein
kostenloses persönliches Horoskop für beliebig viele Personen bei mir anfordern. Ein kostenloses Horoskop enthält auch immer die Berechnung des Aszendenten und das farbige Geburtsbild.

Ihr Astrologe Werner Völkel aus Nürnberg


werner-voelkel.de


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Das Gleiche ist nicht Dasselbe
- Menschen mit ähnlichen Mondkonstellationen
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Lenin-Rühmann-Sartre
Bildnachweise siehe unten

Was haben Revolutionsführer Lenin, Schauspieler Heinz Rühmann und Philosoph Jean Paul Sartre gemeinsam? Anhand eines eigenen Beratungsfalles und dreier biographischer Studien werden Parallelen und Unterschiede einer sehr individuellen astrologischen Konstellation aufgezeigt: Des Mondes im Zeichen Wassermann im zweiten Haus als Herrscher des achten Hauses. Ferner wird mit Hilfe von Originaltexten der Horoskopdeutung 'Querverbindungen' kritisch hinterfragt, inwieweit Astrologie im Blindversuch, also ohne konkretes Gegenüber sinnvoll ist.


Inhalt:

1. Gesunde Skepsis verlangt nach einer konsequenten Systematik in der Horoskopdeutung

2. Wassermann-Mond im zweiten Haus als Herrscher von Haus acht

3. Auszug aus Querverbindungen

 
4. Klient X (Beratung)


5. Wladimir Iljitsch LENIN (biographische Studie)

6. Heinz RÜHMANN (biographische Studie)

7. Jean-Paul SARTRE (biographische Studie)


8. Grenzen einer standardisierten Horoskopinterpretation
 


1.Gesunde Skepsis verlangt nach einer konsequenten Systematik in der Horoskopdeutung

Wer versucht, astrologische Aussagen unvoreingenommen zu prüfen, diese also weder pauschal ablehnt noch blind glaubt, sollte zweierlei Kritik von Skeptikern ernstnehmen:

a. den Vorwurf der Gleichmacherei. Eine Analyse, die Zerlegung des Horoskops in seine Einzelteile, ergibt natürlich auch isolierte Aussagen, welche für relativ viele Horoskopeigner in gleicher Weise Gültigkeit beanspruchen. Alle Personen mit dem Mond im Wassermann müssten demnach bestimmte Gemeinsamkeiten aufweisen. Dass die betroffenen Menschen trotzdem völlig unterschiedlich sind, kann eine um Glaubwürdigkeit kämpfende Astrologie noch relativ leicht wegstecken: Das gleiche ‘Bauteil’ sage ja noch nichts über die Gesamtstruktur eines Individuums aus. Erst eine Synthese, welche die Einzelfaktoren des Horoskops gewichtet und zueinander in Beziehung setzt, ergäbe eine treffende Charakterisierung, gleich einem kosmischen Fingerabdruck.

Dieses - grundsätzlich richtige - Argument bietet dem Astrologen jedoch auch einen Freibrief, es mit der Überprüfung der Einzelaussagen (aus denen sich seine Synthese schließlich zusammensetzt) nicht so genau zu nehmen. Vielmehr lässt sich die scheinbare Lebensproblematik eines Klienten oder einer bekannten Persönlichkeit, deren Biographie wir studieren, viel widerspruchsfreier mit dem Horoskop zur Deckung bringen, wenn wir die jeweils ‘passenden’ Faktoren stärker betonen. Für das was der Mond nicht hergibt, muss dann schon mal das Anderthalbquadrat von Venus zu Saturn herhalten... Der Verdacht eines solchen ‘Zurechtbiegens’, aber auch die Vielzahl der auf dem Markt vorhandenen astrologischen Methoden mit Ihren unterschiedlichsten technischen und inhaltlichen Schwerpunkten, bringt der Astrologie einen wesentlich gravierenderen Vorwurf ein, nämlich

b. den Vorwurf der Beliebigkeit. Um diesem entgegenzuwirken, sollten Methode und inhaltliche Gewichtung bei der Horoskopdeutung vorher festgelegt und auf jedes zu deutende Horoskop konsequent angewendet werden, auch auf die Gefahr hin, dass die so entstehenden Aussagen dann auf Widerspruch stoßen bzw. sich als objektiv falsch herausstellen. ‘Blind’-Deutungen, die alleine auf der Grundlage der Radix erstellt werden, ohne den Horoskopeigner auf anderem Wege einschätzen zu können, zeigen ungefiltert auf, was eine astrologische Methode interpretativ zu leisten vermag. Der damit verbundene Zeitaufwand stellt das Haupthindernis für eine umfangreiche Erprobung dar.

Computeranalysen leisten hier zum Teil Beachtliches, lassen aber oft den roten Faden vermissen. Isoliert gedeutete Einzelaspekte vermitteln dem Leser manchmal eher den Eindruck eines Puzzlespiels. Ein Zuviel an allgemein-astrologischen Erklärungen kann den eigentlichen Deutungstext in den Schatten stellen. Im anderen Extrem bleibt ohne jede Erläuterung hingegen gänzlich undurchschaubar, wie die Aussagen hergeleitet wurden, worauf ja gerade Menschen Wert legen, die es gewohnt sind, kritisch zu denken.

Völlig entkräften lässt sich der Vorwurf der Beliebigkeit selbst bei einem - innerhalb der Methode - ‘sauberen’ und nachvollziehbaren Vorgehen jedoch erst, wenn auch der Skeptiker bereit ist, sich auf die hermeneutische Denkweise der Astrologie einzulassen. Das bedeutet anzuerkennen, dass eine astrologische Konstellation theoretisch unendlich viele, aber eben nicht beliebige inhaltliche Entsprechungen haben kann. Eine mögliche Annäherung besteht nicht zuletzt darin, dass auch der Astrologe, wenn er nicht zum gläubigen Fundamentalisten werden will, gut daran tut, immer wieder einmal an der Richtigkeit seines Ansatzes zu zweifeln...

Am Anfang meiner Ausbildung an der Schule für Transpersonale Astrologie 1994 begann ich Deutungs-Textbausteine zu formulieren, die mit Hilfe eines intelligenten Auswertungsprogrammes (Querverbindungen) per Computer zu einer umfassenden Radixinterpretation zusammengebaut werden. Bereits im Vorfeld einer Beratung und ohne Zeitdruck sollten potentielle Klienten entscheiden können, inwieweit der beschrittene Weg ihnen überhaupt entspricht und ggf. selbst die Punkte herausfinden, von denen sie sich eine Vertiefung im Gespräch wünschen. Die Deutungssmethode der TPA kommt hier durchgängig zur Anwendung, und zwar nicht nur als Aneinanderreihung von Einzelbausteinen, sondern indem auch die Zusammenhänge der einzelnen Horoskopfaktoren untereinander eingearbeitet werden.

Der Möglichkeit, zeitsparend und damit kostengünstig jedem astrologisch Interessierten eine systematische und nachvollziehbare Deutung an die Hand zu geben, standen natürlich eine Reihe von Problemen gegenüber: Neben dem immensen Programmierungs- und Formulierungsaufwand für die zahlreichen Textvarianten war es vor allem die Frage, welche Inhalte wieviel Raum einnehmen sollen, um den Leser weder mit einer Informationsflut zu überfordern noch ihm seltenere (aber vielleicht gerade zutreffende) Entsprechungen vorzuenthalten. Kompromisse müssen ferner geschlossen werden zwischen der Notwendigkeit, ein Problembewusstsein zu schaffen, mögliche wunde Punkte anzusprechen, und der angenehmeren Aufgabe, Chancen und ‘nette’ Seiten einer Konstellation darzulegen...



2. Wassermann-Mond im zweiten Haus als Herrscher von Haus acht

Wassermann-Mond-in-2-als-Herrscher-von-8

Setzt man eine zeitliche Gleichverteilung von Geburtszeitpunkten voraus, so dürfte die statistische Wahrscheinlichkeit einer Kombination aller drei genannten Mondkonstellationen für Geburten im europäischen Raum bei 1 : 288 (also 0,35 Prozent) liegen. (Berechnung: 1/12 für Mond im Wassermann x 1/12 für den Mond im 2. Haus x 1/2 da das Zeichen Krebs in diesem Fall sowohl im 7. wie auch im 8. Haus herrschen kann.)

Grund genug also für die Annahme, dass Menschen mit dieser Mond-Kombination im Horoskop deutliche Parallelen hinsichtlich ihres individuellen Erlebens, ihrer grundlegenden Empfindungsweisen, aufweisen müssten. Im Folgenden soll anhand von einem Beispiel aus meiner Beratungspraxis und drei Horoskopen bekannter Persönlichkeiten versucht werden, Belege für diese These zu finden.

Von einer ‘Beweisführung’ im wissenschaftlich-operationalen Sinn ist dies natürlich weit entfernt. Der astrologische Sachverhalt lässt eine Fülle von psychischen und biographischen Verwirklichungsmöglichkeiten zu, und auf deren Vorhandensein kann wiederum nur indirekt aus Äußerungen bzw. Verhaltensweisen der betreffenden Personen geschlossen werden. Weiterhin wirft sich die Frage auf, wie stark der Mond als passives Prinzip überhaupt auf die Art und Weise abfärbt, wie sich ein Mensch aktiv und für andere wahrnehmbar ins Leben einbringt. Trotz dieser Einschränkungen wird angenommen, dass wir unser Leben in wesentlichen Punkten nur so gestalten können, wie es der Vor-Auswahl durch unsere Wahrnehmung, unserem Erleben, entspricht.

Alle vier besprochenen Personen müssten demnach - zwar in unterschiedlicher realer Erscheinungsform, aber dennoch astrologisch-hermeneutisch eindeutig zuordenbar - folgendes gemeinsam haben:


-
- ein distanziertes bis originelles,von Widersprüchlichkeiten, Gegensätzen und hohen Idealen geprägtes Erleben = Mond im Wassermann, im laufenden Text: [Wassermann]

- dieses Erleben richtet sich auf Konkretes, Materielles, den eigenen Körper oder das eigene Verwurzelt sein = Mond im zweiten Haus, im laufenden Text: [2]

- das so beschriebene Empfinden der eigenen Existenz dient dazu, abstrakte Prinzipien zu entwickeln bzw. solchen gerecht zu werden = Mond als Herrscher von 8, im laufenden Text: [8]

Diese Kurzcharakterisierung genügt natürlich nicht, um den Bedeutungsgehalt, insbesondere der beiden beteiligten Horoskophäuser, auch nur annähernd auszuleuchten. Eine größere Liste von Entsprechungen der Hausachse 2/8 finden Sie hier 


3. Auszug aus der Horoskopanalyse QUERVERBINDUNGEN

Für Klient X, Lenin, Rühmann und Sartre würde Querverbindungen zunächst in gleicher Weise folgendes von sich geben, lesen Sie hier.

 

4. Klient X (Beratung)

Herr X stammt aus einer Lehrerfamilie, welche von einer starken protestantischen Religiosität geprägt war, die weit über traditionelle Kirchlichkeit hinausging. Christliche Wertvorstellungen [8] wurden praktisch gelebt [2] in Bibelkreisen, sozialem Engagement, Gottesdiensten und volksmissionarischen Veranstaltungen. Als familiäre Leitfigur erlebte X seinen Vater, der auch in alltäglichen Angelegenheiten seinen Standpunkt mit unabdingbarer Festigkeit zu untermauern und hartnäckig zu verteidigen wusste. Im Empfinden von X opferte [8] die Mutter, ebenfalls eine ausgebildete Lehrerin, nicht selten ihre eigenen Lebensentwürfe und Wünsche dem Familienzusammenhalt [2]. Ihre Vorstellung von einer christlichen Ehe [8] gebot es, Konflikte zu beenden und wieder im Einvernehmen zu sein [2], bevor ein Tag zu Ende ging. Angesichts der argumentativen Übermacht seines Vaters empfand es X als zunehmend sinnlos, in verbalen Auseinandersetzungen einen Konsens herstellen zu wollen und ging deshalb schon früh dazu über, Diskussionen mit ihm zu vermeiden bzw. durch mehrdeutige Aussagen abzukürzen [Wassermann].

Trotzdem entwickelte er sich zunächst durchaus im Sinne seiner Eltern, absolvierte brav seine Bildungsgänge und engagierte sich in der kirchlichen Jugendarbeit. Obwohl es in seinem frommen Umfeld durchaus ‘in’ war, den Kriegsdienst zu verweigern und man sich der moralischen wie auch konkreten Unterstützung kirchlicher Berater bei der Gewissensprüfung sicher sein konnte, zog X es vor, in die Grundausbildung einzutreten. Nicht etwa, weil diese ihm zu hart gewesen wäre, sondern weil ihm der Militärdienst [8] in seiner praktischen Form [2] als sinnlose Zeitverschwendung erschien, entschloss er sich nach zwei Monaten zur Verweigerung [Wassermann], um seinen Zivildienst in einer Behinderteneinrichtung abzuleisten, wo er hauptsächlich mit genetisch geschädigten Kindern [8] zu tun hatte und - laut eigener Aussage - wertvolle Lebenserfahrungen sammeln konnte.

In diesen Jahren wandelte sich seine religiöse Einstellung in eine eher kirchenskeptische. Sein Psychologiestudium [8] brach er in den Anfangssemestern ab [Wassermann], weil er darin zu wenig konkret Anwendbares und zu unsichere Berufschancen [2] erblickte. Er wurde ein erfolgreicher Zahnarzt und verdient seither sein Geld [2] damit, bei anderen Menschen in intimste körperliche Bereiche vorzudringen [8], wobei er selber - seiner beruflichen Rolle entsprechend - einen kühlen Kopf [Wassermann] behält.

Einer der Hauptgründe, warum X mich konsultierte, waren massive Angstgefühle und stressbedingte Erschöpfungszustände, die auch seine Arbeitsfähigkeit bedrohten. Paradoxerweise [Wassermann] waren diese zum ersten Mal aufgetreten, als seine Zahnarztpraxis nach anfänglicher hoher Schuldenbelastung [8] schwarze Zahlen schrieb und sich als solide Existenzgrundlage [2] erwies. Obwohl er seine objektive Arbeitsbelastung als erträglich schilderte, erschien ihm zeitweise jede Behandlungssituation furchtauslösend und er hatte mitunter Mühe, körperlich [2] durchzuhalten.

Angesichts der deutlichen Zweithausbetonung seines Horoskops, fragte ich ihn, ob er denn nicht im Grunde ein sehr sicherheitsorientierter Mensch sei und inwieweit er vielleicht schon früher unter Existenzängsten gelitten habe. Dies war - mit Ausnahme von Universitätsprüfungen, für die er sich meist äußerst kurzfristig vorbereitet hatte - nie der Fall. Das Gespräch ergab, dass er sich in Übergangssituationen [Wassermann] immer wohlgefühlt hatte. Während der Studienzeit hatte seine Ehefrau [8] das Geld [2] verdient und Absicherung war kein Thema gewesen. Das änderte sich jedoch, als es daran ging, eine Familie zu gründen. In der Logik meines Klienten waren zwei Dinge fest miteinander verknüpft: Die Zeugung eines Kindes [8] bedingte andererseits die Gründung der eigenen Praxis als Einnahmequelle der Familie [2] und als individuelles Verwirklichungsgebiet [Wassermann].

Erstaunlicherweise besserte sich sein psychischer Zustand immer dann, wenn er daran dachte, seine gutgehende Praxis (mit Verlust) zu verkaufen, etwa um mit seiner Familie für einige Jahre in ein Entwicklungsland zu gehen und dort Dienst zu tun, oder sich ein alternatives Betätigungsfeld in Zusammenarbeit mit anderen Zahnärzten bzw. als Angestellter zu suchen. Obwohl sich bisher nichts dergleichen konkret ergeben hatte, zeigte alleine das ernsthafte Nachdenken über solche Alternativen einen therapeutischen Effekt! Ich wies ihn auf die Möglichkeit hin, dass seine frühere Sorglosigkeit in Sachen Existenzsicherung eine Art Flucht nach vorn gewesen sein könnte, mit der er sein ausgeprägtes Pflichtgefühl [8] und ambivalentes Sicherheitsbedürfnis [Wassermann/2] überkompensiert hatte. Praxisgründung, Vaterrolle (und der fast zeitgleiche Tod seines eigenen Vaters) bedeuteten aus meiner Sicht ein endgültiges Erwachsenwerden, ein enormes Maß an Verantwortung, welches gleichzeitig die bisherige Strategie im Umgang mit Sicherheitsfragen vereitelte.

Weil X seine Praxis offensichtlich mit großem Engagement aufgebaut hatte und eine Angestelltentätigkeit ihm womöglich andere Abhängigkeiten und geringere Handlungsspielräume eingebracht hätte, warnte ich ihn vor einem voreiligen Verkauf. Auch über die Hinzunahme eines Compagnons hatte er selbst schon nachgedacht, wobei ihm allerdings ein hohes Maß an Freiheit bleiben müsste. Der ideale ‘Zweite’ wäre bestimmt nicht leicht zu finden. Vielmehr riet ich ihm, er solle versuchen, an den Alltagsroutinen und der Etabliertheit seiner Berufssituation etwas zu ändern und alternative Heilmethoden weiterzuverfolgen, die ihn schon seit Anfang seiner Tätigkeit gereizt hatten. Je mehr er die Praxis als zeitweises Projekt sehen könne, welches seinen individuellen Stempel trägt und über dessen Form und Dauer er allein entscheide, desto leichter würde ihm der Umgang damit fallen. Auf meine Nachfrage hin teilte er mir mit, dass seine Frau fast alle denkbaren beruflichen Entscheidungen mitzutragen bereit sei und in keiner Richtung Druck auf ihn ausübe.


5. Wladimir Iljitsch LENIN (biographische Studie)

Lenin
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Horoskop von Lenin

Die Kindheit Lenins weist etliche Parallelen zu Klient X auf: Lenins Eltern, der eigentliche Familienname lautete Uljanow, waren ebenfalls beide Lehrer, eine gut situierte Beamtenfamilie, orthodox religiös mit einer fast puritanischen Prägung, die dem Äußerlichen, Dekorativen wenig Gewicht gab und der Bildung einen hohen Stellenwert einräumte. Der Vater war (wie bei X) eifernd religiös, wohingegen die Mutter zwar ihre traditionelle Rolle in der Familie [2] ausfüllte, jedoch dem Missionsgeist des Vaters eher kühl gegenüberstand [Wassermann]. Das Kind Wladimir wird als lebhaft geschildert mit einem regen ‘Forschungsinteresse’, das ihn oft veranlasst habe, seine Spielsachen [2] zu zerbrechen [Wassermann], um deren Innenleben zu ergründen [8]. Auch dieses Detail trifft übrigens auf das Kindheitsverhalten von X zu. Nichts ließ den Berufs[2]revolutionär[Wassermann], Chefideologen [8] und ersten Machthaber der Sowjetunion vorausahnen, weder politisches Interesse, noch irgendwelche Auffälligkeiten in der Schule. Schulzeugnisbemerkungen sprachen lediglich von einer gewissen Reserviertheit [Wassermann] und Lenins Gymnasialdirektor soll geäußert haben, die ‘Fähigkeit, starke Empfindungen kontrollieren zu können’ [8] sei ‘eine Familieneigenschaft’ [2]. Als einschneidendste Lebenswende, die den bis zu seinem 16. Lebensjahr orthodox gläubigen Lenin wahrscheinlich veranlasste, Atheist zu werden und seinen hinlänglich bekannten Lebensweg als Revolutionär einzuschlagen, wird übereinstimmend die Hinrichtung seines großen Bruders Alexander genannt, der 1887 an der Planung eines Zarenmordes beteiligt war. Lenin zeigte oder erwähnte die damit verbundene Verletzung jedoch offiziell nie.

‘Während alle anderen Marxisten dahin tendierten, der sozialen Entwicklung oder dem Kapitalismus oder der Geschichte die Hauptrolle <in der Revolution; Anm. d. V.> zu überlassen, war Lenin, der fortgesetzt über die ‘Einheit von Theorie [8] und Praxis [2]‘ nachdachte, ein Aktivist.‘ Angesichts der zusätzlichen Konstellationen Sonne im 5. Haus und Mars als Aszendentenherrscher (Skorpion) an der Spitze des 5. Hauses erscheint dies auch nicht verwunderlich. Allerdings hielt er sich bei entscheidenden revolutionären Kampfhandlungen meist nicht an der Front auf, sondern gab aus der Distanz [Wassermann] strategische Ratschläge. Das Hauptverdienst von Lenins Buch ‘Was tun?’ (1902) lag nach Meinung des Biographen Possony darin, ‘dass Lenin aus einer Auswahl von Gedanken der marxistischen Lehre [8] und der russischen Überlieferung [8] eine Synthese schuf und das ‘Wesentliche beider Elemente bewahrte’ [2] ... Mit einem Wort, er verlieh der unklaren Vorstellung [8] der Marxschen Revolution [Wassermann] auf strategisch-taktischem Gebiet realistische Züge [2].’ Gerade die praktische Umsetzung von Lenins ideologischem Ansatz, nämlich der Versuch, Verteilungsgerechtigkeit [Wassermann] durch Enteignung [8] der Bauern [2] herzustellen, führte jedoch in den Jahren nach der Oktoberrevolution zu Engpässen [8] in der Nahrungsmittelversorgung [2] und zwang die Sowjetunion, ausländische Hilfe in Anspruch zu nehmen und ideologische Zugeständnisse an den Kapitalismus [Wassermann] zu machen!

Aus den eher spärlichen Informationen über Lenins Privatleben lässt sich entnehmen, dass seine Ehefrau [8] Nadeshda Konstantinowa Krupskaja verstärkt die Funktion einer perfekten Assistentin hatte, welche ihn in der Verfolgung der gemeinsamen Ziele praktisch unterstützte [2]. Leidenschaft schien in ihrer Beziehung eine eher untergeordnete Rolle zu spielen [Wassermann]. Lenin hatte eine recht labile Gesundheit. Er unternahm vor seinem Machtantritt häufig (von seiner Mutter finanzierte) Reisen nach Mitteleuropa, die den Ausreisebehörden gegenüber zur medizinischen Behandlung und körperlichen Stabilisierung [2] dienen sollten, die er aber parallel dazu auch für seine ideologischen Studien und geheimen Kontakte [8] mit Gesinnungsgenossen [Wassermann] nutzte. Interessanterweise schien ihm Absonderung [Wassermann] gut zu tun: ‘Es war überraschend, dass Lenin in der fast völligen Isolation <winterliches Versteck in einer Scheune während der Revolution; Anm. d. V.> seine Depression verlor. Er war in der Lage, mehrere Artikel zu schreiben und an ‘Staat und Revolution’ zu arbeiten.’ Auch einen Gefängnisaufenthalt bezeichnete Lenin einmal im Nachhinein als äußerst produktiv für seine literarische Arbeit. Er klagte zeitlebens über ‘lästige Magenbeschwerden’ [Mond] und starb vermutlich - ähnlich wie sein Vater - an einer Gehirn[Mond]blutung infolge Überarbeitung.

6. Heinz RÜHMANN (biographische Studie)

Heinz Rühmann
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Horoskop von Heinz Rühmann

Kaum ein anderer deutscher Schauspieler gilt in stärkerem Maße als zeitloses Vorbild [8]. Er vermittelte Generationen das Gefühl, wie auch der kleine Mann, ‘einer von uns’ [2], quasi ein Familienmitglied, mit Witz und Hintersinn, einem lachenden und einem weinenden Auge [Wassermann] sein Lebensrecht behaupten kann. Seine Eltern bezeichnete er selbst als extrem unterschiedliche Naturen [Wassermann]. Der Vater, ein sehr geselliger, lustiger und trinkfreudiger Gastwirt, nahm ein tragisches Ende durch Selbstmord, nachdem die Mutter ihn aufgrund seiner Eskapaden und mehrfachen Konkurse hinausgeworfen hatte. Die von ihm sehr verehrte Mutter ist das blanke Gegenteil, still und zurückhaltend, aber mitten im Leben stehend [2]: ‘Immer wieder versuchte sie, das Erreichte zu mehren oder wenigstens zu bewahren.’

Rühmann spricht ausführlich von seiner ‘Technik[Wassermann]besessenheit[8]’, welche ihn veranlasste, jede Mark in die von ihm so geliebten Motorvehikel zu investieren und die darin gipfelte, dass er auf seiner ersten Popularitätswelle reitend praktisch am Fließband filmte, um in den Besitz [2] seines ersten eigenen Flugzeugs [Wassermann] zu kommen. Nicht nur ‘Quax, der Bruchpilot’, sondern auch die Tricks und Beziehungen, mit denen er sich trotz Kriegszeit immer wieder Kerosin und Flugerlaubnisse verschaffte, brachten ihm den (unzutreffenden) Ruf einer militärischen Vergangenheit und unbequeme Fragen bei der Entnazifizierung [8] ein. Die Identifikation mit dem Idol ging offenbar so weit, dass Menschen steif und fest behaupteten, sie seien mit ihm an der Front bzw. in diesem oder jenem Lazarett gewesen und erst klein beigaben, wenn sie als Zeugen geladen wurden. Rühmann hatte eine vierwöchige Grundausbildung absolviert und war seither nie in militärischem Einsatz. Dass man ihm den ‘braven Soldaten’ und Linientreuen [8] viel besser abnahm, als es ihm lieb war, deutet sich auch in der Doppelherrscherschaft seines achten Hauses an: Leitbildhaftes wird nicht nur verkörpert [Mond als Herrscher von 8 in 2], sondern auch aktiv dargestellt [Sonne als Mitherrscher von 8 in 3].

Obwohl er, den die Nazis gerne noch weit mehr als Aushängeschild benutzt hätten, viele Schlupflöcher [Wassermann] im Machtapparat fand, ohne sich direkt zur Ideologie bekennen zu müssen, war seine Existenz [2] immer wieder drastisch mit Krieg, staatlichem Zwang und Militär [8] verwoben. Erstens: Seine erste Ehefrau [8] Maria Bernheim, selbst eine begabte Schauspielerin, die ihren Beruf aufgegeben und jahrelang seine Karriere gemanagt hatte[2], war Jüdin. Auf massiven Druck und das Ausbleiben von Engagements [2] hin einigte man sich auf die Scheidung und sie wurde pro forma mit einem schwedischen Schauspielerkollegen verheiratet, was sie vorläufig dem Zugriff der Nazis [8] entzog. Später emigrierte sie nach Stockholm und bekam von Rühmann finanzielle Unterstützung, was trotz der strengen Devisenbestimmungen durchging.

Zweitens: Damit sein Film ‘Die Feuerzangenbowle’ ein Kassenerfolg [2] werden konnte, ging er auf höchst unkonventionelle Weise [Wassermann] vor. Der Film war 1943 vom zuständigen Reichsminister Rust wegen angeblicher Lächerlichmachung der Pädagogen verboten worden. Um sich trotzdem bei Göring die Genehmigung zu holen, erhielt er eine Audienz in der Machtzentrale schlechthin, dem gut versteckten Führer-Hauptquartier [8], woraufhin ihm nach einem Tag beschieden wurde, alles was zum Lachen anrege [Wassermann], sei umgehend zu genehmigen. Drittens: In den letzten Kriegstagen betraten deutsche Soldaten [8] seinen Vorgarten [2], hoben Schützengräben aus und erklärten diesen zur ‘Hauptkampflinie’, worauf Rühmann ihnen Wein aus seinem Keller anbot [Wassermann]. Sein Haus wurde zwei Tage später als einziges in dem Berliner Vorort beschossen und brannte völlig nieder.

Rühmanns ambivalentes Verhältnis [Wassermann] zu Substanzbildung [2] und Bindungen [8] wurde insbesondere deutlich, als er nach dem Kriege (entgegen dem Rat seiner zweiten Frau Herta Feiler) mit einem Companion zusammen die Filmgesellschaft Comedia OHG gründete. Das Ganze endete 1952 im Konkurs [8], weil es kaufmännisch überproportioniert war [auch Jupiter in 2] und vor allem, weil die inhaltlich anspruchsvollen Filme offenbar nicht dem Wunsch nach unkomplizierter Unterhaltung in der Nachkriegszeit entsprachen. Rühmann musste jahrelang die Hälfte seiner Einnahmen an den Gerichtsvollzieher [8] abgeben, erhielt kaum mehr lukrative Engagements und geriet so auch als Schauspieler in eine tiefe Krise. Die Zeit des jugendlichen Helden und Naturburschen [2] war vorbei und seine neueren Versuche schienen nicht verstanden zu werden. Rückblickend schrieb er:

‘Heute will ich diese Zeit nicht missen; ich habe sie gebraucht für meine Entwicklung ... Ich habe Menschen kennengelernt, wie sie sind und nicht sind ... Ich habe mich an leise Töne erinnert, die ich früher mal hatte, an Pausen ... Nicht immer nur reden, quatschen, möglichst viele Pointen servieren und dem Applaus nachjagen ... Ich wurde bescheidener, habe meinen etwas zu groß geratenen Hut [2/Konjunktion Jupiter] abgesetzt und in die Hand genommen ... Wie oft bin ich gefragt worden: war der Weg zum Charakterdarsteller schwer? Ich gab meist eine ausweichende Antwort [Wassermann]. Ich konnte doch nicht jedem erklären, dass ich mich gehäutet [8] hatte und damit der Wunsch in mir laut wurde nach wertvolleren, reiferen, nachdenklichen und ernsten Aufgaben.[8]’

In Rühmanns späteren Rollen finden sich denn auch erstaunlich viele Entsprechungen des achten Hauses: Kriminalkommissar (Es geschah am helllichten Tag, 1958, Maigret und sein größter Fall, 1966); Buchhalter (Menschen im Hotel, 1959, Geld oder Leben, 1966, Grieche sucht Griechin, 1966); Steuerbeamter (Ein Mann geht durch die Wand, 1959); Soldat (Der Hauptmann von Köpenik, 1956, Der brave Soldat Schweijk, 1960); der kriminalistisch tätige Pater Brown (mehrere Filme); Witwer (Meine Tochter und ich, 1963); Professor, der ein Freudenhaus erbt (Das Haus in Montevideo, 1963); Atomspion (Vorsicht, Mr. Dodd!, 1963); Medizinprofessor (Dr. med. Hiob Prätorius, 1964); deutscher Jude (Das Narrenschiff, 1965); angeblich Toter (Hokuspokus oder Wie lasse ich meinen Mann verschwinden?, 1965); Der Pfandleiher (Fernsehspiel 1971)

Mit zunehmender Genialität nahm sich Rühmann die Freiheit heraus, isoliert und ganz für sich sein zu dürfen  [Wassermann], was er als seinen ‘Käfig’ bezeichnet. Ein abgeschottetes Hotelzimmer, in dem außer ihm nur ein Dompfaff [Wassermann] lebte, Wandschirme im Studio und ein Wohnwagen bei Außenaufnahmen waren unabdingbare Voraussetzungen damit er während seiner Arbeit existieren konnte [2]. Diese ‘Schrulligkeit’ und die kompromisslose Präzision [8], mit der er seine Rollen vorbereitete und spielte, gehörten zu seinen Markenzeichen. Er starb am 3. Oktober 1994 und wird wohl noch lange ein Identifikationssymbol für Generationen bleiben.

Zur Ergänzung soll hier noch ein weiterer Textbaustein eingefügt werden, der nur in Heinz Rühmanns Querverbindungen aufgrund der Konjunktion seines Mondes mit Jupiter vorkommt: Lesen Sie hier.

7. Jean Paul SARTRE (biographische Studie)

Jean Paul Sartre
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Horoskop von Jean Paul Sartre

Die philosophische Richtung [8] des Existentialismus [2], als deren Hauptvertreter Sartre gilt, der Titel seines wohl bekanntesten Werkes ‘Das Sein [2] und das Nichts [8]’ (1943) und sein bekanntes Querdenkertum [Wassermann], mit dem er sich zeitlebens zwischen alle Stühle setzte, Anhänger wie Gegner verblüffte, zeigen von allen vier Horoskopbeispielen am deutlichsten, wie der Mond im Wassermann als Herrscher von 8 in 2 zum Lebensprogramm werden kann.

Die Situation zwischen den Stühlen [Wassermann] prägte Sartres Lebensgefühl von klein auf: Nachdem sein Vater, ein Marineoffizier, an einer Tropenkrankheit gestorben war, lebte der damals Zweijährige mit seiner Mutter bei den Großeltern, ‘zwischen zwei Frauen und einem Greis’ . Obwohl der sehr resolute und belesene Großvater ihm zum Vorbild wurde, dürfte der Junge sich wohl eher in einer Art Gaststatus als in der unerschütterlichen Geborgenheit einer normalen Familie gefühlt haben, zumal sich ja auch seine Mutter wieder weitgehend in der abhängigen Tochterrolle befand. Sartres frühe Lese- und Schreibbegeisterung diente wesentlich dazu, seinem strengen Großvater [8] zu imponieren, das Wunderkind zu spielen [Wassermann] und sich dadurch eine Art Daseinsberechtigung [2] zu verdienen. Dieses Gefühl, in die Welt geworfen zu sein, letztlich nicht dazuzugehören und sich trotzdem mit seiner Rolle zu arrangieren, der Notwendigkeit gehorchend sein Bestes zu geben, kann man als Ausgangspunkt von Sartres Daseinsentwurf verstehen: ‘Jedes Individuum [2] ist ein Produkt des Zufalls [Wassermann], obwohl es am Ende [8] dafür verantwortlich ist, was es aus sich gemacht hat.’ Die Freiheit des Menschen besteht also im Wesentlichen darin, eine Existenz zu wählen, auf deren Zustandekommen er keinen Einfluss hatte.

Kennzeichnend für diesen Ansatz ist die Ablehnung jeglicher Mystik als Erklärung oder Sinngebung der Existenz. Die zum Bürgertum - aus dem er ja selbst stammte - gehörige Religiosität und Kirchlichkeit bekämpfte Sartre aufs Schärfste, wohingegen er dem definitionsgemäß atheistischen und thematisch an der unterdrückten Arbeiterklasse ausgerichteten Sozialismus zwischenzeitlich fast etwas unkritisch gegenüberstand (eine Parallele zu Lenin). Nichtsdestotrotz bleibt seine Feststellung ernst zu nehmen, dass ein Mensch seinen grundlegenden Sinn im Sich-Einlassen, der Hingabe [8] an sein konkretes Dasein [2] erlebt:

"Das Erhellen des Seins [2/Wassermann] geschieht also vom Nicht-Sein [8] aus: ich verstehe den Zustand Frankreichs, meiner politischen Partei, meiner konfessionellen Gruppe [2], indem ich davon ausgehe wie ich ihn gern hätte [8], wie ich entwerfe, ihn werden zu lassen ... die Ignoranz ist eine Weigerung, durch das Sein betroffen zu sein ... Die Wahrheit [8] ist nicht wahr, wenn sie nicht gelebt [2] und getan wird. Eine Offenbarung von Untreue ist falsch. Aber dazu beitragen, eine Ehe zu verwirklichen, und aufzulösen (Verantwortung beider), erlaubt Ihnen als Mann, den Ehebruch eben in dem Augenblick zu entdecken, in dem die Frau drauf und dran ist, ihn zu begehen."

Es scheint, dass Sartre zeitlebens um seinen Standort gerungen hat zwischen Realitätsbezug [2], dem Wunsch, dass das Leben sich aus sich selbst heraus erklärt und andererseits seiner Vorstellungsbezogenheit [8], die ja letztlich einen irgendwie gearteten Glauben, ein Dogma beinhalten musste. So ist es nicht verwunderlich, dass man ihm gelegentlich vorwarf, die Meinung, wenn nicht sogar das Lager gewechselt [Wassermann] zu haben.

Sartres Dilemma bestand nicht zuletzt darin, aus den Dingen an sich, der Welt, so wie sie ist [2] Prinzipien ableiten zu wollen [8], dabei aber dem Körperlich-Materiellen gegenüber Distanz wahren zu müssen [Wassermann], weil er sehr schnell einen Ekel davor entwickelte. Dieses Thema behandelte er in seinem gleichnamigen Roman:

"Die Wurzel [2] des Kastanienbaums bohrte sich in die Erde, genau unter meiner Bank ... Ich saß da, etwas krumm, den Kopf gesenkt, allein dieser schwarzen und knotigen, ganz und gar rohen Masse gegenüber, die mir Angst machte ... Alle diese Gegenstände [2] ... wie soll ich sagen? Sie belästigten mich; ich hätte gewünscht, sie würden weniger stark existieren, auf trockenere, abstraktere Weise [8], mit mehr Zurückhaltung ... Ich begriff, dass es keine Mitte gab [Wassermann] zwischen der Nichtexistenz [8] und dieser überschäumenden Fülle [2]. Wenn man existierte [2], müsste man bis dahin existieren, bis zum Verschimmeln, zur Aufgedunsenheit, zur Obszönität [8]."

Konsequenterweise wählte Sartre einen Lebensstil minimalster Etablierung. Er bewohnte meist einfache Hotelzimmer anstatt feste Quartiere anzumieten oder zu kaufen. Mit seiner Lebensgefährtin Simone de Beauvoir schloss er Verträge auf Abruf, welche die Sicherheit [2] der Verbindung [8] bei gleichzeitiger maximaler Freiheit [Wassermann] gewährleisten sollten.

In einem Interview sprach Sartre offen über sein Verhältnis zu Geld und Status: ‘

Playboy: Aber haben Sie mit diesen Verfilmungen nicht viel Geld verdient? ... Sartre: Das stimmt. Und ich habe tatsächlich beträchtliche Summen zur Verfügung [2]. Aber ich habe auch zahlreiche Verpflichtungen [8]. Im Übrigen hasse ich es, Besitz zu haben. Es kommt mir immer so vor, dass wir besessen sind [8] von den Dingen, die wir besitzen [2] - ob es sich um Geld oder käufliche Dinge handelt. Wenn mir etwas gefällt, dann habe ich immer Lust, es irgendjemandem zu schenken. Das hat nichts mit Großzügigkeit zu tun - es ist mir ganz einfach lieber, die anderen von den Dingen besessen zu sehen [Wassermann]. ...

Playboy: ... Aber wie steht es mit dem Ruhm? Befriedigt Sie die weltweite Anerkennung, die Sie genießen? Sartre: In gewisser Weise vielleicht - Aber ich möchte nicht Sklave meiner Situation werden [Wassermann], wie sie auch derzeit aussehen mag. Das hier und jetzt [2] ist ein Zustand, den ich immer als provisorisch [Wassermann] angesehen habe und den ich hinter mir lassen [8] möchte.’

Am 15. April 1980 starb der bedeutende Philosoph und Schriftsteller, den man auch als das ‘Gewissen der Welt’ bezeichnet hatte, unter großer Anteilnahme in Paris.

Das recht exakte Trigon von Mond und Merkur in Sartres Horoskop würde zusätzlich noch folgenden Text in der Horoskopanalyse aktivieren: Lesen Sie hier.


8.  Grenzen einer standardisierten Horoskopinterpretation

Es dürfte offensichtlich geworden sein, dass Computerprogramme - wie auch der Astrologe, der ein Horoskop blind deutet - nur bedingt der Vielschichtigkeit eines real existierenden (oder bereits verstorbenen) Menschen gerecht werden. Wenn versucht wird, sich mit Hilfe eines Symbolsystems an die Realität anzunähern, kann im besten Fall ein Kunstprodukt, eine Art Skulptur oder Strichzeichnung entstehen, die etliche Charakteristika zutreffend abbildet und vielleicht zum Weiterdenken anregt. Aber damit ist ja schon viel gewonnen, zumal es die meisten Menschen vorziehen, ihren ersten Kontakt mit der Astrologie lesenderweise zu knüpfen, ohne sich gleich dem Zugriff eines leibhaftigen Astrologen auszusetzen. Gerade weil es außer den vier hier umrissenen noch unendlich viele weitere Möglichkeiten gibt, eine astrologische Konstellation ins Leben zu übersetzen, ist es immer wieder faszinierend, beobachten zu können, wie reales Leben [2] und abstrakte Prinzipien [8] einmal Hand in Hand arbeiten und sich ein anderes Mal gegenseitig ein Schnippchen schlagen [Wassermann]. Freiheit und Determiniertheit scheinen sich wirklich perfekt die Waage zu halten.

Anmerkungen, Horoskopdaten und Bildnachweise
(genaue Fundstellen mit Seitenzahlen, siehe PDF-Version dieses Artikels)

Die Informationen über Lenin entstammen folgenden Biographien:

- Deutscher Isaac: Lenins Kindheit, S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main 1973
Originalausgabe: Lenin’s Childhood, Oxford University Press 1970
- Possony, Stefan T.: Lenin. Eine Biographie, Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1965
Originalausgabe: Lenin. The Compulsive Revolutionary, Regenery, Chicago 1964

Die Informationen zu Rühmann sind folgenden Biographien entnommen:

- Ball,Gregor: H.R. Seine Filme-Sein Leben, Wilhelm Heyne Verlag, München 1981
- Rühmann, Heinz: Das war’s. Meinem Publikum in Dankbarkeit, Ullstein, Frankfurt/M 1982

Sartre zit. nach Madsen, Axel: Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir, Claassen, Düsseldorf 1980, S.30
Sartre zit. nach Madsen, Axel: Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir, Claassen, Düsseldorf 1980, S.59
Sartre, Jean-Paul: Wahrheit und Existenz, Rowohlt, Reinbek 1996, S. 42f, 73, 63

- Sartre, Jean-Paul: Der Ekel, Rohwohlt, Reinbek 1981, S. 146, 147
Erstausgabe: La Nausée, Gallimard, Paris 1938
- Madsen, Axel: Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir, Claassen, Düsseldorf 1980, S.57
- König, Traugott (Hg.): Sartre über Sartre. Aufsätze und Interviews 1940-1976, Rowohlt, Reinbek 1977
Überarbeitete Ausgabe 1988, S. 161, 162


Horoskopdaten:

LENIN, Wladimir Iljitsch: 22.04.1870, 18.28 GMT, Ulyanowsk 048.29 o 54.20 n

RÜHMANN, Heinz: 07.03.1902, 02.30 MEZ, Essen 007.01 o 51.27 n

SARTRE, Jean-Paul: 21.06.1905, 18.36 GMT, Paris 002.20 o 48.51 n


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Heinz Rühmann
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